Hüttentouren XI – Taagaabu

– Die Tour des gebrochenen Ski –

Taagaabu sollte diesmal das Ziel sein. Nach langen Planungen hatten wir uns für diese schön gelegene Koie rund 90km südlich von Trondheim entschieden. Sie ist nicht nur relativ einfach und schnell freitags Abend zu erreichen, wenn man es erst einmal mit Bus / Rad / PKW bis zu dem Ort geschafft hat, von wo aus der Wanderweg beginnt. Von ihr hat man auch einen eindrucksvollen Blick auf das Taagaafjell. Dieses Wochenende sollte jedoch alles etwas anders werden. Ich war Daniel und Friederike mit dem Bus voraus gefahren, da beide nach der Arbeit mit einem Zweisitzer nachkommen wollten. Der Bus fuhr mich freundlicherweise bis zum besagten letzten Dorf vor der Koie, so dass nur 3 Kilometer Nachtwanderung zur Hütte verblieben. Nach einigen hundert Metern geschobenem Weg konnte ich hinter dem letzten Gehöft auf ungeräumtem Waldweg meine Ski anschnallen und dachte, nun in Kürze die Hütte vorheizen zu können. Als trügerisch erwies sich jedoch ein Wegknick, der so markant ist, dass er auf der Karte verzeichnet sein müsste – meinte ich. Ich fand auch einen Knick auf der Karte, so dass ich bei der nächsten Kurve planungsgemäß den Bach hoch lief. Eigenartigerweise stimmte nach kurzer Zeit die Himmelsrichtung des Fließgewässers nicht mehr, so dass ich vermutete, zu früh abgebogen zu sein. Diese Prozedur wiederholte sich noch zweimal, bevor ich das GPS herausholte und an den Koordinaten feststellte, dass ich den ersten Wegknick falsch interpretiert hatte. Nun gut. Der vierte Fluss stimmte dann und ich hatte so doch ganz sinnvoll die Zeit bis zur Ankunft von Daniel und Friederike ausgefüllt. Diese erreichten die Koie nur 20 Minuten nach mir. Abends genossen wir ein traditionelles norwegisches Gericht: Rømmegrøt. Dieses ist so reichhaltig, dass sich unsere anfängliche Angst, davon nicht satt zu werden, als völlig unbegründet erwies.

 

 

 

Am nächsten Morgen kamen wir erst relativ spät aus den Federn, so dass ich noch gemütlich meine Pflichtseiten Studienarbeit kontrolllesen konnte. Nach dem Frühstück ging es aufs Taagaafjell. Ich in voller Montur, da Sonntags kein Bus nachmittags vom Ort nahe der Hütte zurück nach Trondheim fährt und ich am Samstag die Verbindung vom 18km Luftlinie entfernten Singsås nehmen wollte. Daniel und Friederike mit Tagesgepäck, da sie noch eine Nacht auf Taagaabu geblieben sind. Der Grund für meine zeitige Abreise war der Julekveld (Weihnachtsabend) der Koiegruppe, den ich mir nicht entgehen lassen wollte. Da ich mir nur ein einfaches GPS für den Notfall geliehen hatte, musste ich mit Karte und Kompass navigieren. Wobei “müssen” der falsche Ausdruck ist und jede Möglichkeit, zu üben, dankbar angenommen werden sollte. Wer weiß schon, ob das GPS nicht einmal den Dienst verweigert oder die USA das freie Signal abschalten. Jedenfalls war ich auch bei unserem gemeinsamen Weg für das Finden der Bergspitze zuständig, was bei den vielen kleinen Kuppen und weniger als 200m Sicht ohne Karte und Kompass (für mich) unmöglich gewesen wäre. Nach 4km erreichten wir unser Ziel. Nach dem Gipfelfoto kehrten meine beiden Begleiter um und ich machte mich auf den Weg über das Fjell nach Singsås.

 

 

 


So oft wie auf der Tour habe ich noch nie im Schnee gelegen! Der schwere Rucksack machte jede kleine Schneewehe zur Herausforderung. Schwierig wurde es besonders, da bei sich verschlechternden Sichtverhältnissen der Kontrast so stark sank, dass man Unebenheiten erst aus wenigen Metern Entfernung erkannte. An einer Stelle tauchte im Nebel eine Rentierherde auf. Nachdem ich den Fotoapparat wieder eingesteckt hatte, war sie auch schon wieder weg. Auf dem Kamm war es leider sehr windig und nach bereits -3°C bei der Hütte auch recht kalt. Viele Steine waren freigeblasen und sorgten für einen leichten Zickzackkurs. Plötzlich beschleunigte sich die Fahrt an einer Stelle. Ich bremste und dachte, alles wäre im grünen Bereich, da hob ich nach langer Abstinenz mal wieder zum Alleinflug ab. Ich kam aber nicht weit und setzte mich nach einem etwas seitlich verzogenen Salto elegant auf den Hintern. Eine Schneewehe mit sicher 1,5 Metern Höhe war wie aus dem Nichts erschienen. Bei der nächsten Tour werde ich wohl vorsichtiger fahren mögen. Der Fehler wurde auch gleich bestraft. Eventuell war der Ski schon vorher abgebrochen gewesen, jedenfalls stellte ich einen veränderten Gradienten seiner Längsachse fest. Rund 30cm hinter der Spitze war das Brett im Winkel von rund 30° nach oben abgewinkelt. Es ist mir bis heute schleierhaft, wie der Sturz, bei dem ich mit den Füßen keinen Aufprall gespürt habe, solche tragischen Folgen haben konnte. Mit dem Ski, dessen zwei Teile von der Plastikgrund- und -deckschicht sowie den Stahlkanten zusammengehalten wurden, erwies sich nun jede Schneewehe als Herausforderung. Teilweise lief ich nun Hänge zu Fuß hinab, was bei den vereisten Verhältnissen nicht sehr beschwerlich war. Beim Abstieg vom Fjell in das nahende Singsås bemerkte ich an meiner abtauenden Gesichtsschutz- und –tarnbehaarung, dass die Temperaturen wieder anstiegen. Auch die Sicht wurde besser. Die Navigation mit Kompass hatte wunderbar funktioniert. Ich erreichte wie geplant das Feld mit dem Weg ins Dorf. Bis 10 vor halb 4 konnte ich ohne Fenix die Spuren vor mir im Schnee erkennen. Es war allerdings auch bewölkt. Morgens kann man bei bedecktem Himmel sicher nicht vor 9 Uhr auf Licht verzichten. Das Ziel erreichte ich zwei Stunden vor der Busabfahrt. Da man mir gesagt hatte, dass trampen kein Problem sei, stellte ich mich an die Straße nach Trondheim und suchte eine Mitfahrgelegenheit. Es wurde kälter und kälter, die Autos fuhren entweder in die falsche Richtung nach Røros oder ignorierten mich. Selbst große Wagen oder welche mit Dachkoffer hielten nicht an. Dabei stand ich optimal hinter einer einspurigen Brücke. Es war frustrierend. Das nächste Mal rasiere ich mich vorher und polstere meinen Pulli aus! Kurz vor Abfahrt des Busses nahm mich aber dann doch noch ein netter junger Mann mit. Er fuhr mich sogar bis nach Steinan, so dass vom Abend noch etwas Zeit blieb.

Am Sonntag arbeitete ich dann und hatte noch einen netten Julekveld. Bei der Feier gab es interessanterweise Glühwein mit Nüssen jedoch ohne Wein.

Fortsetzung folgt…

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