Hüttentouren XII – Hüttenabschiedstour Teil I – Hognabu & Stabburet & Holmsåkoia

– Kai im Unglück –

Montag Abend sollte es für Kai und mich eigentlich auf die Hüttenabschlusstour gehen. Daraus wurde leider nichts. Kais Prüfung war auf 15 Uhr verschoben worden, so dass ein Start direkt im Anschluss mangels Bus ausfiel. Wir planten also um. Unsere Ziele waren nun:

  • Hognabu

  • Stabburet

  • Trondheim mit Zwischenstop auf Holmsåkoia (Zwischenübernachtung)

  • Telin

  • Telin

  • Rindalsløa

Nachdem wir Dienstag gegen 11 Uhr in der Nähe von Tydal aus dem Bus ausgestiegen waren, starteten wir unsere Tour nach Hognabu über das Fjell.

 

 

Der Anstieg zu Beginn war ziemlich steil. Ungewollt bauten wir noch einen Abstecher ein, der erst ganz clever schien, da wir so gemächlicher anstiegen, schließlich jedoch im zu Fuß durchs Dickicht kraxeln und in einer Abfahrt durch eine Schonung endete. Kai hatte bei den Steigungen leichte Probleme mit seinen Fellen, die nicht richtig am Ski kleben wollten. Dafür wurden wir oben jedoch mit toller Aussicht belohnt. Leider konnte auf dieser Tour nicht alles auf Fotos festgehalten werden, da Kais 6 mitgenommenen Akkus bei geringen Temperaturen den Dienst verweigerten. Meine Analogaufnahmen kann ich hoffentlich morgen im Fotoladen abholen…

 

 

Hier lag auch ausreichend Schnee, nachdem wir im Tal schon arge Befürchtungen gehabt hatten – die Region Tydal hatte ihren trockensten Winteranfang seit Jahren hinter sich. Dass wir in der Natur angekommen waren, bemerkten wir endgültig an einer Stelle, wo Überreste eines halb verzehrten Tieres lagen. Ganz merkwürdig war ein sicher 12-15cm langer, schmaler Abdruck im Schnee, der am Ende der Ferse recht schmal war und vorn von drei Zehen geformt worden zu sein schien.

Durch geschickte Wahl der Route erwartete uns nach dem quälenden Aufsteig eine grandiose Abfahrt. Hognabu erreichten wir noch bei Tageslicht.

 

In einer der schönsten Koien hatten wir so einen langen, gemütlichen Abend. Beim Wasser wegschaffen abends durften wir zum ersten Mal den gigantischen Sternenhimmel in Norwegens Natur bewundern. Wegen fehlender Lichtverschmutzung sieht man viel, viel mehr Sterne als bei uns in Deutschland! Schenkt mir ein passendes 12mm-Objektiv und ihr bekommt ihn frei Haus 😉 Den Weg gingen wir an dem Abend mehrfach, denn Wanderer vor uns hatten 5 volle Büchsen Bier auf der Hütte liegen lassen. Wir erfuhren später, dass ihr Weg zu Fuß durch den Schnee recht anstrengend gewesen war und sie für den Rückweg möglichst das Gepäck minimieren wollten. Die Jungs müssen den Tag aber hart an der Grenze gelaufen sein, dass von dem Sixpack ganze 5 Büchsen übrig geblieben waren…

 

 

 

 

 

Der nächste Tag bot uns erneut eine wundervolle Winterlandschaft. Die Luft war klar, über einer verharschten Schneeschicht lagen 5cm lockerer Schnee. Die Sonne zeigte uns die gesamte Farbpalette an Rottönen. Wir ließen es uns folglich nicht nehmen, wieder auf das Fjell hochzustapfen. Oben angekommen, sahen wir noch die letzten Momente des Sonnenaufgangs.

 

 

Es folgte eine sagenhafte Tour mit leichtem Gefälle. Die tollen Schneeverhältnisse ließen zu, auch an bei anderen Bedingungen sicher nicht ungefährlichen Schneehängen quer zu laufen. Die Flüsse unterwegs, welche Wanderern die Tour Hognabu-Stabburet sicher oft erschweren, konnten wir nur an Schneewehen erahnen. Nach einer viel zu kurzen Tour erreichten wir Stabburet.

 

Bei dem tollen Wetter durften wir natürlich nicht in der Koie bleiben, welche zudem nicht so bequem war wie Hognabu. Kai und ich übten am Hang hinter der Hütte Telemark fahren bis die Sonne unterging.

 

 

Zum Holz trocknen kam ich noch auf eine, wie sich zeigte, ganz nützliche Idee…

 

Am nächsten Morgen wollten wir uns den Sonnenaufgang nicht entgehen lassen. Da wir jedoch zurück zum Bus fahren mussten und der Weg, wenn wir nicht den gleichen wie auf der Hintour nehmen wollten, durchs Tal führte, bestiegen wir vor Sonnenaufgang ohne Gepäck einen 988er Gipfel.

 

Das ging so gut und schnell, dass wir oben noch eine halbe Stunde auf den Sonnenaufgang warten mussten. Während dieser Zeit hatten wir allerdings ein wundervolles Panorama.

 

 

 

 

Die Abfahrt war dann zwar sehr anspruchsvoll, aber auch sehr schön und obwohl wir uns lange nicht vom Blick vom Gipfel hatten losreißen können, kamen wir nach kurzem Packen und Hüttenbuch schreiben pünktlich von Stabburet los. Die Fahrt durchs Tal bei tollen Bedingungen sollte jedoch recht verhängnisvoll werden. Wir folgten einer Scooterspur entlang von Telefonmasten. Sie war sehr hügelig und wir hatten auf dem ersten Kilometer viel Spaß. Dann folgte einem steilen Hügel jedoch ein Flussbett. Die Scooterspur führte nach links und rechts. Scheinbar hatte der Fahrer erst links nach einem Übergang gesucht und schließlich rechts einen gefunden, denn auf der anderen Seite, die man vom Hügel erblickte, führte die Scooterspur weiter, als wäre sie nie von einem Hindernis abgelenkt worden. Ich wundere mich beim Abfahren vom Hügel noch über die Scooterspurverzweigung, erkenne dann plötzlich das schneebedeckte Flussbett, ziehe die Ponotbremse und komme gerade noch rechtzeitig zum Stehen. Kai rufe ich mehrfach zu, dass er anhalten soll, aber da ist es auch schon passiert. In voller Fahrt sieht er erst zwei Meter vor sich das Flussbett, springt als semiprofessioneller Alpinfahrer ab und landet wie bei einem Bauchklatscher einen Meter tiefer im Schnee. Der große Rucksack verhinderte eine saubere Landung und hatte ihn mit ganzer Wucht runtergedrückt. Irgendetwas war von nun an nicht mehr in Ordnung. Ich half Kai aus dem Rucksack. Er hatte Schmerzen in der Schulter und konnte den Arm kaum bewegen. Gebrochen schien nichts, aber ganz normal sah es auch nicht aus. Darauf, dass die Schulter ausgekugelt sein könnte, kamen wir nicht. Ich schnallte meinen Rucksack quer oben auf Kais und Kai ging, die Stöcke in einer Hand voran. Die Etappe bis zu einer kleinen Straße war wegen der vielen kleinen Hügel ziemlich anstrengend, zumal mir das Tragegestell von Kais Rucksack zu groß war. Dabei war jede kleine Abfahrt fast schlimmer als der vorherige Anstieg. Ich hatte richtig Mühe, Kai zu folgen, der wegen der großen Schmerzen so schnell wie möglich zu einem Arzt wollte. Auf der kleinen Straße hatten wir die Wahl, direkt zur Hauptstraße zu laufen oder aber, wie geplant, auf Holmsåkoia Zwischenstation zu machen. Letzteres war recht verlockend, da wir uns dort aufwärmen konnten. Wir planten zu dem Zeitpunkt noch, mit dem Bus zurück nach Trondheim zu fahren. Der Gedanke, uns abholen zu lassen, war vorerst noch verworfen worden. Unterwegs trafen wir auf einen Deutschen, der uns Hoffnung machte: Auf der Hütte wären Norweger. Nach insgesamt 7km kamen wir bei der Holmsåkoia an. Die Norweger kochten uns gleich Tee und riefen einen Arzt an. Kai hatte inzwischen so große Schmerzen, dass dies die einzig richtige Entscheidung war. Nach sicher 15 Minuten Telefonat wurde uns in Aussicht gestellt, dass uns ein Notarzt abholen würde. Dieser kam dann auch auf einem Schneemobil, welches von einem Bauern aus dem Tal gesteuert wurde. Nach einer Voruntersuchung und etwas Morphin wurden wir zum Krankenwagen transportiert und fuhren mit diesem zu einem kleinen Hospital in Tydal. Der dortige Arzt prognostizierte einen ausgekugelten Arm und ließ uns nach Trondheim bringen. Während der Fahrt unterhielt ich mich mit dem Fahrer, welcher nicht mehr Englisch konnte als ich Norwegisch. Es war sicher eine für Außenstehende witzige Unterhaltung…

In Trondheim wurden erst unsere Ski und Kais Gepäck in dessen Zimmer in Moholt gebracht. Anschließend sahen wir ein Krankenhaus von innen. Die Prozedur Röntgen – Einkugeln – Röntgen – Kontrolle dauerte gar nicht zu lange. Zwischendurch durften wir sogar noch einen durch die Gänge ziehenden Chor von Krankenschwestern anlässlich des Lycia (oder so ähnlich, ein Fest zu Ehren des Lichtes ursprl. aus Schweden) erleben. Für Kai begann ab jetzt Schonzeit. Ein Nerv schien verletzt, so dass im nächsten halben Jahr wohl erst das momentan geminderte Gefühl in seiner rechten Hand wiederkehren wird. Am 28. soll er in Deutschland noch zum Kernspin, da eventuell auch Weichteile in der Schulter verletzt sein könnten. Dies ist wirklich tragisch, da der Unfall vermutlich hätte verhindert werden können. Hätte ich lauter gerufen, hätte ich ihm in der Spur liegend nicht die Sicht genommen, hätte er eher die abzweigende Scooterspur bemerkt, hätte… Nun bleibt aber nur Daumen drücken, dass die Schulter wieder schnell und richtig heilt!

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