Thanks for giving a long weekend

Was schaut man sich an einem langen Wochenende an? Ideen gab es viele. Viele wurden verworfen oder überstimmt. Am Ende passierte Folgendes:

Gleiche Crew. Nein, nicht gleiches Auto, aber egal. Auch nicht gleiche Richtung. Anderes Auto und in den Süden. Mittwoch Nacht ging es nach Florida. Sonnenaufgang in Fort Lauderdale. Den Tag in Miami. Die Stadt ist irgendwie nicht der große Renner. Von weit weg sieht alles nett aus, die 29°C machen alles noch etwas netter. Von Dichtem ist es aber weit weniger aufregend. Fünf Straßen vom Strand entfernt kann es passieren, dass man auf eine Meute von 20 Obdachlosen trifft. Kann man ihnen ja auch kaum verübeln – es lebt sich im Warmen ja meist besser ohne Dacht über dem Kopf. Nur wurde uns vorher u.a. deshalb abgeraten, uns wie Touristen zu benehmen. Ehrlich gesagt – auch so scheinen wir ein dickes Zeichen auf der Stirn zu haben, hier nicht sesshaft zu sein. Das führt mich zu einem zweiten Grund, der gegen die Mitnahme der Spiegelreflex gesprochen hat: In Südflorida gibt es Ecken, an denen man mit Englisch nicht weit kommt. Man sollte Spanisch im Gepäck haben. Einem anderen Intern wurden übrigens in Miami recht aufdringlich Drogen angeboten. Dumm, wenn da gerade die Polizei dazukommt und man klarmachen darf, dass der andere der Dealer ist…

 

 

 

Jedenfalls ist der Strand weiß. Ab und zu gibt es auch Palmen. Ein paar vernünftige Fußgängerzonen gibt es auch. Und wenn man außerhalb der Städte oder in den entsprechenden Vierteln ist, sieht man mit etwas Glück statt Bausünden ein nettes Häuschen am Strand. Letztere Dinge beißen sich dann leider wieder gegenseitig in den Schwanz – findet man nettes Häuschen, ist der Strand für einen meist nicht zugänglich.

 

 
Das spanische “Viertel”
 

 

Nettes Häuschen habe ich mir in Miami übrigens von innen ansehen dürfen. Die Vizcaya Villa wurde zu Beginn des 20. Jh von einem Industriellen gebaut. Besser: er hat es bauen lassen von 10% der Bevölkerung Miamis. In zwei Jahren. Dazu ließ er in Europa Kunstschätze zusammenkaufen wie z.B. das Bett Ludwigs XVI., ein Schlachtzelt Napoleons (welches ihm als Deckenschmuck im privaten Bad dient), ein Becken für einen Springbrunnen von 400 v. Chr. usw. Jeder Raum ist im Stil einer anderen europäischen Epoche eingerichtet. Jeder Raum enthält Originale. Ach – und es gibt viele Räume… Ebenso wie das Haus sind die Gärten beeindruckend. Wenn ich mich richtig erinnere, hat man sie nach einem Jahrzehnt halbwegs fertigstellen können.

 

 
So kann man auch Restaurierung betreiben…
 
 
 

 

Das Nachtleben in Miami ist natürlich – irgendwas muss ja an den vielen Geschichten, die man so hört und liest, dran sein – etwas anders. Es gibt viele Clubs, die sich zumindest den Anschein geben, exklusiv zu sein und es gibt viel Silikon. Entsprechend sind auch schon die Schaufensterexemplare ausgestattet.

 

Spanish sollte man an einigen Orten können…

 

 

Am nächsten Morgen ging es zur Abwechslung mal wieder am Strand laufen. Danach wartete ein reichhaltiges Frühstück…

 

 
 
 
Einkaufen kann weh tun… $10 für deutsches Brot mit weniger als 700g
 

 

Nach einem kleinen Abstecher nach little Havanna, einem kleinen Viertel in Miami, welches aber nicht sooo viel bietet (im Internet ist ab und zu zu lesen, dass es inzwischen zu einem klischeehaften Abklatsch Havannas verkommen ist), ging es weiter in den Süden in einen Nationalpark. Dort starteten wir auf eine Korallenrifffahrt. Ehrlich gesagt – es war zwar das drittgrößte Riff der Erde, aber wenn es auch das drittschönste war, war es mein letztes. Das Boot hatte Scheiben, welche unten in einer Art Tauchrohr nur einen Meter und weniger vom Riff entfernt eine gute Sicht ermöglichten. Selten sah man allerdings Farben, die nicht braun, lila oder einem dunklen gelb-grün-Ton zuzuordnen sind. Schade. Hatte doch das Naturkundemuseum sehr schöne Exponate gezeigt. Vermutlich muss man dafür einfach etwas tiefer tauchen…

 

 
 
 

Nachdem sich nach der Bootsfahrt glücklicherweise auch mein Handy wieder angefunden hatte, ging es Richtung Key West. Dummerweise sahen wir die Keys erst im Dunkeln. Key West hat mit seinen offenen Bars einen noch südländischeren Charakter als Miami. Man kann dort sehr entspannt was trinken gehen.

 

 
Ach ja – und die Keys sind die Inseln, wo sich Hippies und Homosexuelle tummeln…
 
 
… und wo die USA anfangen (bzw. das Race across America endet… obwohl – das war Miami…).
 
 

 

Mit Stränden ist es jedoch nicht so weit her. Dafür hat die Insel sich mit folgender Aktion bei mir unsterblich gemacht: Morgens um 6:20 krähte ein Hahn vor dem Motel. Und er hörte nicht auf. Sehr witzig. Nun brauchte ich auch nicht allein laufen gehen, sondern wir waren schon zu zweit. Vorher genossen wir allerdings noch den Sonnenaufgang. An dieser Stelle wusste ich dann endgültig, was ich von meiner Spiegelreflex habe. Diese ausgefransten Farben sind ja grässlich. Ein gigantisches Motiv und ich hab nur ne geborgte Knipskiste dabei. Fast wären Tränen geflossen Winken. Jedenfalls habe ich jetzt meine Kamera gegen (fast alles, incl. Raub und Überfall) versichert und werde mit Stativ bewaffnet über Weihnachten auf die Jagd nach einem weiteren Sonnenaufgang gehen  Cool

 

 
Hier der “Übeltäter” Zunge ausstrecken
 
 

 

Nach dem Lauf ging es mit Kaffee und “Saft” (diesmal gab es gute Getränke vom Motel, jedoch kein Brot) in der Hand zurück, in Ruhe Duschen, Packen und Auschecken. Wir bestellten uns Beachcruiser, welche nicht abzuholen sind, sondern frei Haus gebracht werden. Da pro Rad $100 Kaution zu zahlen waren, schlossen wir die Räder immer 4fach an und ließen sie so selten wie möglich aus den Augen. Ich durfte feststellen, dass ich tatsächlich noch Fahrrad fahren kann. Fast eine Überraschung. Waren wir doch allein bis Key West schon wieder gut 800 Meilen gefahren. Der Tag verflog auf der Insel mit 3 Meilen Länge und einigen ganz netten alten Gebäuden. Soo viel hat der Flecken aber nicht zu bieten. Am Ende fanden wir immerhin einen Strand. Trotz 28°C Lufttemperatur kostete es schon Überwindung, schwimmen zu gehen.

 

 
 
 
Sind wir in Kalifornien oder was? Solarpanel auf der Bushaltestelle. Auch Elektroautos konnte man mieten. Die meisten sind allerdings mit Motorrollern durch die Gegend gefahren.
 
 
Coole Bar – jeder darf sich auf einer Dollarnote verewigen. Auf einer selbstmitgebrachten, versteht sich!
 
 
Und Zigarrenläden gibt es – wer aufgepasst hat, weiß, dass Kuba um die Ecke ist.
 

 

Um dem großen Verkehr am Sonntag zu entgehen, war unser Plan, nachts den großen Teil der Strecke zu fahren. Cola auf Key West, Cola in Miami (das klingt so gut, also gab es dort noch einmal den Zwischenstopp) und Sonnenaufgang in Daytona Beach. Unterwegs gab es allerdings noch zwei unschöne Aufregungen. Nachdem wir schon auf einem Parkplatz in Miami erlebt haben, wie zwei Amerikaner aus gegenüberliegenden Prakplätzen ohne zu schauen auf einander zu gefahren sind, bis sie eine der beiden Stoßstangen unschön verformte, tat dies auch ein Amerikaner an der Tankstelle, während wir tankten. Hupen stoppte ihn nicht. Am Ende hatten wir eine Schramme. Dies war nicht die einzige – scheinbar hatte jemand in Miami nicht richtig ein- oder ausparken können und uns an eine Seitentür mehrere leichte Schrammen gefahren. Zum Glück sind unsere Autos ohne Selbstbeteiligung komplettversichert! Wer weiß ob folgender Mann auch versichert war: ein auf Alkohol oder Drogen durch die Gegend schwankender Amerikaner lief nachtes vor uns plötzlich über die Straße. Noch weit genug weg hätten die halbe Vollbremsung und Hupen eigentlich gereicht. Da entschied sich der gute Mann, schon fast über die Straße, vor Schreck auf dem Hacken kehrt zu machen. Glücklicherweise war er noch so weit bei Sinnen, festzustellen, dass dies kein geschickter Entschluss war und tat es gleich noch einmal. Man hat ja sonst keine Aufregung im Leben…

Leider muss man in Florida wie oben beschrieben, die schönen Flecken echt suchen. Bausünde neben Bausünde. Uns viel es nicht schwer, einfach bis St. Augustine durchzufahren. Dieses hübsche Städtchen ist einen Besuch wert. Unser wurde leider abgekürzt, da starker Regen einsetzte. Gut, wenn man dann Mädels dabei hat, die aus einem wildfremden Hotel Regenumhänge organisieren können.

 

Hier hätte man noch auf dem Strand fahren können. Man könnte meinen, die Amis haben zu viel davon. Nur irgendwie habe ich keinen wirklich schön gefunden…
 
 

 

Mit etwas Stau und viel Regen ging es die letzten 200 Meilen nach Charleston. Ein insgesamt schöner Ausflug. Wir haben viele tolle Dinge erlebt und gesehen. Ich würde allerdings eher nicht empfehlen, extra für einen Urlaub nach Florida zu fliegen… Ich denke, wenn Süden, dann bietet Südeuropa mehr (da sind ganze Städte schön, nicht nur Straßenzüge) und wenn es richtig Süden sein soll, dann lohnen sich dem Hörensagen nach die karibischen Inseln oder die Bahamas eher als Florida…

Soweit News aus dem Süden,

denlinne

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