Studentenleben II

Das Studentenleben an der NTNU wird nie langweilig, habe ich den Eindruck! Mag sein, dass die folgenden Episoden nicht bei allen auf Gegenliebe stoßen, ich würde aber ein falsches Bild der hiesigen Studenten kreieren, wenn ich die Ereignisse aussparen würde…

Gleich in der ersten Woche nach unserer Ankunft ließen die Norweger eine Tradition aufleben. Nach langjährigem Ritual ist das Ziel eine möglichst lange Kette aus Kleidungsstücken zu bilden. Dafür ziehen sich männliche wie weibliche Studierende aus und legen ihre Sachen an einander. Als Ersatz für die entblößten Körperstellen, die von einem Unterhöschen nicht mehr bedeckt werden können, finden Hände und Arme sowie Bunnpris-Tüten Anwendung. Letztere sind normale Plastiktüten von der Einkaufskette, die direkt neben dem Ort des Geschehens im Studentendorf Moholt eine Filiale besitzt. Leider kann ich von den Ereignissen nur aus zweiter Hand berichten, denn ich war nicht zugegen, konnte mich aber auf Videos von der Wahrheit der Geschichte überzeugen. Um den Blog nicht abgleiten zu lassen und gewisse Rechte Einzelner zu schützen, verzichte ich darauf, das Beweismaterial zur Verfügung zu stellen…

Ein weiteres Event ereignete sich die Woche darauf. Es gab eine Schlacht. Vielleicht üben die Norweger für das Revival der glorreichen Wikingerzeit. Zunächst bewerfen sich nach einem Startpfiff zwei Teams mit Eiern. Wenn alles gut klebrig ist, kommt Mehl zum Einsatz. Die paramilitärischen Übungen fanden direkt auf dem Campus Gløshaugen statt. Als alles Pulver verschossen war, wurden mit einem langen Gartenschlauch die Rückstände der Kämpfe abgewaschen. Für einige Mädels schien der persönliche Kampf jetzt erst zu beginnen, denn bei unter 10°C liefen einige Lippen blau an…

Das nächste Highlight gab es wieder direkt auf dem Campus Gløshaugen. Auf dem Rückweg von einem kleinen Einkauf im Tapir stolperte ich fast über sich windende Körper. Sicher 40 StudentInnen mit auf dem Rücken gefesselten Händen und verbundenen Füßen robbten von einem zum anderen Ende des Gebäudes, was wegen seiner Länge in drei Abschnitte mit unterschiedlichen Namen (Sentralbygget 1, Sentralbygget 2, Gammle Kjemie) unterteilt ist.

Leider wieder nur von anderen erfuhr ich von einer weiteren Aktion. Rund zehn Jungs trugen zwei Mädels in einer Badewanne (mit Bikini) sitzend durchs eben schon erwähnte lange Gebäude. Ich hoffe, das Wasser war diesmal warm…
Es wäre in der Tat überlegenswert, ob der Genuss einer Vorlesung in der Badewanne liegend nicht gesteigert werden kann. Man sollte dies mal austesten!

Das vorerst Letzte Amüsement, das leider ebenfalls erst im Nachhinein an mich herangetragen wurde, ereignete sich vor ein paar Tagen. Den Zuschauern wurde diesmal gezeigt, wie man richtig Autos wäscht. Nämlich in Unterwäsche! Dabei wurden natürlich beide Geschlechter berücksichtigt: Im Rahmen dieser kleinen Lehrveranstaltung putzten für die Männer Studenten und für die Frauen Studentinnen ein Fahrzeug…

Was lernen wir daraus? Die Norweger sind kreativ. Für ihre Startup-Ideen nehmen sie teilweise echte Qualen in Kauf (siehe anstrengedes Festhalten von Tüten beim Test eines neuartigen, atmungsaktiven Fußwegbelages; blaue Flecken durch fliegende Eier beim Studium von Flugbahnen biologischer Geschosse als Vorbereitung auf den nächsten Wahlkampf, der hier bald anfängt; Erkältung aufgrund durchdringender Nässe bei unter 10°C im Rahmen von Versuchen zu einer Großraumhumanreinigungsanlage, aufgescheuerte Knie beim Selbsttest einer neuartigen Reinigungsmethode, Blasen im Zusammenhang mit dem Transport von Gefahrengütern und nichtzuletzt rauhe Finger durch Reinigungsmittel im Rahmen von Untersuchungen zu Einsatzmöglichkeiten von unverkleideten Zweiarmrobotern bei der Autowäsche).
Und ich glaube, die Norweger verstehen hier wirklich viel davon, wie man Spaß haben kann 😉

Den Gedanken, hier eventuell einen Bierathlon zu etablieren habe ich nun aber fallen gelassen – sonst werden mir die Norweger noch zu kreativ und spaßig 😉

Mal sehen, wann es eine Fortsetzung gibt…

PS: Habe heute noch erfahren, WARUM diese ganzen Aktionen laufen und leider auch, dass sie bald ein Ende haben: Es sind die “Aufnahmerituale” für die Neulinge in einigen Studentenorganisationen… Ich weiß noch nicht, ob ich mich freuen soll, dass es für mich keines gab…

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