Ein Hoch auf die Verwaltung

Es gibt tatsächlich eine weitere Gemeinsamkeit zwischen Deutschland und Norwegen neben der, dass beide Länder in Europa liegen. Deutschland und Norwegen nennen einen stattlichen Verwaltungsapparat ihr Eigen… Aber beginne ich am Anfang.

Die einheimische Verwaltung der Bundesrepublik ist allgemein bekannt. Es war also von Vornherein mit Problemen zu rechnen. Um diesen weitestgehend aus dem Weg zu gehen, reichten wir unsere Bewerbungen für das Semester in Trondheim bereits knapp ein Jahr vor dem geplanten Auslandsaufenthalt ein. Der Antrag ging an das Erasmusamt (Amt zur Verwaltung des Erasmus-Austauschprogramms, durch das man den alle Türen öffnenden Status “Exchange Student” erhält), welches von einer Dame, die hier sicher nicht namentlich erwähnt werden will, besetzt ist. Ich hatte erst überlegt, “gemanaget” zu schreiben, aber ungeachtet der unschönen eingedeutschten Schreibweise trifft “besetzt” den Nagel wohl auf den Kopf. Die erste Info von der Dame war, dass die Unterlagen MINDESTENS ein Jahr vor dem Semester in Trondheim eingereicht werden müssen. Die Hoffnung, dass der großzügige Zeitraum zu einer fristgerechten Meisterung aller bürokratischen Hürden führen könnte, schwand schnell. Ich weiß nicht mehr, wie ich die Geduld habe aufbringen können. Es sei erwähnt, dass die Dame sich nur zu Beginn auf E-Mails meldete, man später grundsätzlich persönlich erscheinen musste, um in den Genuss von Informationsbröckchen zu gelangen. Der fachliche Ansprechpartner an unserer Uni hatte gerade gewechselt, wusste über Trondheim und das Studium dort scheinbar nicht mehr als wir und nickte unsere ausführliche Bewerbung auf einen Erasmusplatz innerhalb von 5 Sekunden ab. Nachdem wir im Februar die Flüge gebucht hatten, lief im April bei der Dame im Erasmusamt immer noch die Schallplatte, dass man mit der Anmeldung in Trondheim noch warten müsse. Dreist meldeten wir uns inzwischen an der NTNU per Internetformular an. Einige Wochen später beichteten wir der Dame im Amt, dass wir uns schon in Trondheim angemeldet hätten, worauf sie ganz bestürzt feststellte, dass dies nur über sie geschehen dürfe. Im übrigen wäre der Erasmusvertrag mit der NTNU noch gar nicht wieder verlängert worden. Sie habe die Uni mehrfach angeschrieben, aber erhalte einfach keine Antwort.
Um einen Sprachkursplatz zu erhalten, ließen wir uns im Mai die entsprechenden Anmeldeformulare aus Trondheim zusenden. Leider benötigte man für die Anmeldung beglaubigte Kopien von Personal- und Studentenausweis. Wir gingen zum Erasmusamt, um mit deren Stempel die Formulare abzusenden. Wieder war die Antwort, dass alles ohnehin über das Amt laufen müsse. Diesmal hatten wir Pech – die Dame behielt die Anträge einfach ein und meinte, sie würde die dann versenden, wenn es soweit wäre. Der Glaube an die Fähigkeit des Amtes war damals groß genug, um mit dem Absenden eines weiten Satzes Anträge mit vom Studentenwerk beglaubigten Kopien nach Trondheim ganze 3 Wochen zu warten. Dumm gelaufen – das Ergebnis waren Wartelistenplätze 21 und 22 für den Sprachkurs…
Bis in den Juni gab es keine Infos – auch auf Nachfrage nix Neues. Da andere Fristen drückten, rief ich in Trondheim an und siehe da – nach drei Minuten hatte ich die Bestätigung für die Annahme an der NTNU (Lena hatte die Bestätigung schon früher erhalten) im E-Mail-Postfach.
Da nun die Formalitäten geklärt waren, interessierte nur noch, ob Lena vom Erasmusprogramm finanzielle Unterstützung zu erwarten habe. Die letzte Info der Dame war im Juni, dass ein Norweger nach Ilmenau kommen möchte und deshalb der Erasmusvertrag auf jeden Fall noch unterzeichnet würde (damit wimmelte sie uns ab, beim FreeMover-Programm eine Unterstützung zu beantragen). Nun ja – bei einem letzten Versuch, eine Woche vor dem Abflug eine Antwort zu erhalten, war die Dame dann (ohne vorherigen Kommentar) im Urlaub, so dass bis dato Unklarheit darüber herrscht, ob wir uns als Pseudo-Erasmusstudenten in die NTNU eingeschmuggelt haben…

Ich versprach, von der norwegischen Verwaltung zu sprechen. Angeklungen ist das erste Erlebnis, dass beim International Office auch auf postalische Nachfrage wochenlang keine Informationen erhältlich sind, dafür per Telefon dann in wenigen Sekunden alles geregelt ist (der Drucker benötigte so lange während des dreiminütigen Telefonats, dass sich die Norwegerin gar entschuldigte). Vielleicht liegt das Problem ja einfach darin, dass nationale Verwaltung bei internationalen Angelegenheiten einfach überfordert sind? Wer weiß… (Für die NTNU gibt es zumindest die Ausrede, dass sich dieses Jahr 300 Austauschstudenten mehr als in den letzten Jahren angelmeldet haben.)

Das nächste Highlight gab es bei der Polizei, bei deren Einwanderungsbehörde sich jeder anzumelden hat, wenn er beabsichtigt, länger als drei Monate zu bleiben. Hier wird der Schalter (es sind zwar drei Schalter vorbereitet, aber im Durchschnitt sind höchstens 1,6 Schalter besetzt) nur drei Tage in der Woche für je 4 Stunden geöffnet – wer zu spät kommt, den bestraft das L… Immerhin klappte die Einwanderung beim zweiten Anlauf. Vielleicht ist die Methode auch ganz clever – wenn nicht genug Zeit zum anmelden ist, kann nicht so viel eingewandert werden… Man sollte den Tip mal an interessierte Politiker weitergeben.

Zu guter letzt ist noch ein besonderes Erlebnis zu erwähnen. In den E-Mails, die über einen E-Mail-Verteiler gingen und den Neuankömmlingen das Einleben in Norwegen erleichtern sollen, wurde des öfteren geschrieben, dass Post erst dann zugesendet werden könne, wenn man sich bei der Post in Trondheim registriert habe. Nun gut, beschlossen wir, gehen wir zur Post und melden uns an. Zum Glück hatten wir unsere zwei Nordistik-Studentinnen dabei, welche fließend norwegisch sprechen (die Warterei auf dem Amt hat tatsächlich einen Vorteil: Es können Bekanntschaften geschlossen werden…). Die Dame am Schalter wusste nämlich nicht, wovon wir sprachen. Nachdem sich geklärt hatte, dass es das Wort “anmeldning” scheinbar nicht überall in Norwegen gibt, und einer der weiteren Erklärungsversuche dann zielführend war, telefonierte die Dame einige Zeit. Anschließend gab sie uns einen Zettel, auf welchen wir Namen und Adresse eines jeden von uns schreiben sollten. Danach gab sie am Telefon der Reihe nach alle Adressen durch. Sie buchstabierte dabei sehr geduldig selbst die Straßennamen und wiederholte alle Nummern. Da die Dame ihre Ratlosigkeit nie ganz ablegen konnte, war hinterher unsere Vermutung, dass man sich gar nicht anmelden muss und es hier in Norwegen scheinbar eine Hotline gibt, bei der einfach nur zugehört wird. Probleme können sich bekanntlich auch von selbst lösen…
(Und so kann man verantwortungsvolle Jobs für Frauen schaffen, die bekanntlich besser zuhören. 😉 )
Bei einer späteren Infoveranstaltung erfuhren wir, dass alle Austauschstudenten zentral bei der Post gemeldet werden, sich also keiner an die Postschalter wenden muss. Nun ja – immerhin hat man uns zugehört…)

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