Hüttentouren II – Sonvasskoia & Kråklikåten

– Der Weg ohne Ende –

An diesem Wochenende sollten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Man nehme aus dem Topf “die schönsten Aktivitäten” die Hüttentouren und das Fahrrad fahren, verbinde beide und werde glücklich. Das war der Plan. Die Umsetzung durch Kai und mich mag für einige nicht so sehr vernünftig klingen, aber oft sind unvernünftige Dinge halt viel schöner…
Unser Ziel war es, von Freitag auf Samstag eine erste und von Samstag auf Sonntag eine zweite Hütte mit dem Fahrrad anzufahren. Unterwegs sollte am Samstag ein Abstecher zur Hütte Holmsåkoia eingeflochten werden, um diese für einen späteren Ausflug auszukundschaften. Dieser Abstecher machte die Samstagsetappe mit rund 250 Kilometern und reichlich Höhenmetern zu einer Herausforderung. Die Strecke ließ sich beim besten Willen nicht verkürzen, denn die wenigsten Hütten des NTNUI sind mit dem Mountainbike erreichbar. Und erreichbar bedeutet für mich, dass man das Rad höchstens 2 Kilometer durchs Dickicht schleppen muss…

Das Wochenende stand irgendwie von Beginn an nicht unter dem besten Stern. Wir waren am Mittwoch extra früh am TapirShop zur Reservierung der Hütten, aber die zweite Übernachtungsmöglichkeit musste vor Ort umgebucht werden, da die Hütte schon intern vorreserviert worden war. Guter Rat war teuer – wir hatten auf diese Hütte besonders gebaut. Als mögliche Kombination für die Übernachtungen blieb schließlich nur noch SonnvasskoiaKråklikåten, wenn wir den Abstecher zur Holmsåkoia unternehmen wollten. Beide Herbergen für unser Wochenende lagen nun hinter einem Moor rund einen Kilometer von der Straße entfernt. Es versprach also interessant zu werden…

Freitag kamen wir nach etwas langwieriger Packerei gegen 12:15 Uhr los. Durch Sonne und tolle Radwege konnten wir Fjord und Landschaft richtig genießen.

 

In der Nähe des Trondheimer Flughafens rund 30km östlich Trondheims zwang uns dann ein kleiner spitzer Stein zu einer längeren Pause.

 

Nachdem der Schlauch geflickt war, radelten wir durch landschaftlich schöne Täler entlang eines Flusses und vorbei an Wasserfällen. Die Wolkenwand konnte uns nicht so sehr schocken, denn inzwischen sind wir norwegisches Wetter gewöhnt.

 

 

 

Als Entschädigung für etwas Regen, der sich aber in Grenzen hielt, gab es dann sogar einen Regenbogen. Dieser war so dicht, so fassbar wie bislang noch keiner, den wir gesehen hatten.

 

 

Das Hüttengebiet, in welchem auch die Sonnvasskoia liegt, war traumhaft. Geniale Landschaft, ein bezaubernder See und der Blick auf die schneebedeckten Bergkuppen… Dies war letztlich auch Lohn genug für die nassen Füße während der Moorwanderung auf dem letzten Kilometer vor unserer Ankunft kurz vor 18 Uhr.

 

 

 

 

 

Die Hütte hat acht Betten und ist sehr geräumig mit vorgelagertem Raum, wo Holz gelagert werden kann. Zudem gibt es ein Herzhäuschen. Die Aussicht ist aufgrund der leicht erhöhten Lage genial! Der Ofen in der Sonnvasskoia hatte so viel Bumms, dass wir die Tomatensauce nur oben drauf stellen mussten, um sie nach 10 Minuten blubbernd über die Nudeln gießen zu können.

 

 

In der Zwischenzeit waren auch unsere zwei Hüttengenossen für die Nacht angekommen, welche zur Hütte gewandert waren und sogar Einweggrill und Bier mitgeschleppt hatten. Für lange Gespräche blieb aber keine Zeit, denn wir wollten für die lange Etappe am folgenden Tag gewappnet sein und gingen um 21:30 Uhr ins Bett.

Um 5 Uhr klingelte der Wecker. Heizen, frühstücken (aufgewärmte Nudeln und Brot), Stullen schmieren, packen, abwaschen, Zähne putzen u.s.w. ging doch nicht so schnell von der Hand wie gehofft. Wir starteten erst um 7:15 Uhr. Kai zog es vor, das Moor in Badelatschen zu durchqueren. Ich hatte nur meine Radschuhe dabei und akzeptierte nasse Füße. Geplant war, einen Wanderweg als Abkürzung zu nehmen. So sparten wir gut 30 Kilometer. Kai war anfänglich skeptisch, da der Wanderweg eher als Wanderpfad erschien, aber zu Beginn musste man noch nur rund die halbe Strecke das Fahrrad schieben. Die Spekulation war, dass aus dem Pfad noch ein breiterer Weg würde – so kennt man das schließlich aus den deutschen Wäldern.

 

Leider oder auch nicht leider – am Samstag jedoch etwas zu unserem Leidwesen wollte der Pfad nicht breiter werden. Er wurde eher schmaler, sumpfiger, schlängeliger, hügliger – der phantasievolle Leser suche bitte nach weiteren geeigneten Adjektiven. Wir schoben und wir trugen unsere Fahrräder mit dem Gepäck und kamen nicht vorwärts. Die ersten drei Kilometer Wanderweg schafften wir in knapp unter zwei Stunden. Wären nicht Landschaft und Wetter so traumhaft gewesen, wären wir sicher der Verzweiflung nahe gewesen. Immerhin zeigt sich auf solchen Wegen, dass man manchmal nicht um ein Mountainbike herum kommt – wir sind mit den Breitreifen schon teilweise bis zum oberen Schaltröllchen in Schlamm und Wasser versunken. Mit Treckingrad hätte der Weg vermutlich noch weit mehr geschlaucht…

 

 

 

Als man dann ein paar Meter auf dem Rad dahinholpern konnte, verlor Kai seine erste Schraube vom Gepäckträger. Für den Fall hatte er noch eine Ersatzschraube dabei. Einige Zeit später vermachte Kai die nächste Schraube der Natur. Diesmal musste ich eine (ungenutzte) Schraube von meinem MTB opfern.
Als wir nach einer weiteren Stunde des Schiebens und Buckelns auf einem Steinplateau wieder etwas fahren konnten, schliff kurz etwas an Kais Hinterrad. Anschließend explodierte sein hinterer Schlauch. Kai, der in den 7 Tagen vor der Tour eine Freilaufratsche zermurkst (Klinke vermutlich verschlissen) und beim neu gekauften Hinterrad den Freilaufkörper gesprengt hatte (wahrscheinlich Materialfehler – das Gewinde war komplett abgerissen), zieht scheinbar etwas den Pannenteufel an. Zum Glück ließ sich der seitlich aufgeschlitzte Reifen provisorisch flicken. Den Schlauch tauschten wir mit Kais Reserveschlauch. Auf dem Weg von dem Bergplateau ins Tal hatten wir noch zwei Flüsse zu durchwaten (knapp knietief – aber das war bei ohnehin nassen Füßen schon egal).

 

 

Als wir gegen 14:00 Uhr den Wanderweg hinter uns gelassen hatten, lagen wir schon 5 Stunden im Rückstand gegenüber unserer Planung. Die 15 Kilometer Wanderweg fühlten sich wie 100 an, zumal wir schon fast einen Höhenkilometer in den Beinen und Armen hatten. Ich frage mich, wie Leute bergauf absteigen und schieben können – das ist VIEL anstrengender als fahren!!!
Im nächsten Ort (Selbu) kauften wir Lebensmittel sowie Schlauch + Reifen, welche wir aber aus zeitgründen nicht montierten. Die Fahrt ging nun etwas besser voran, jedoch wenn man um 15:30 Uhr noch 180 Kilometer vor sich hat, kann man auch bei Tempo 30 nicht davon reden, dass es flott geht. Wir hatten uns schon bei der Wanderung damit abgefunden, dass die Ankunftszeit nach Mitternacht liegen würde. Leider hatte Kai, da er mehr Volumen in seinen Gepäcktaschen hatte, ein wenig mehr Gewicht auf dem Rad. Das ließ sich auch nicht vermeiden, indem ich die kleineren aber schwereren Gepäckstücke nahm. So blieb nur Windschatten spenden zum Kräfteausgleich. Hut ab vor Kais Leistung! Es war zudem sein erster Kanten mit 200+ Kilometern.

Die Fahrt führte wieder durch ein nett anzusehendes Tal. Nach 50 Kilometern erreichten wir die Hütte Holmsåkoia, welche zweietagig ist und Platz für 20 Gäste bietet. Highlights der Hütte sind der Blick auf schneebedeckte Berge und – dem Hörensagen nach – eine Sauna, welche wir aber nicht unter die Lupe nehmen konnten.
Der nächste Teil der Strecke war nach dem Abstecher (mit 400 Höhenmetern) ein Pass. Dieser Pass sollte den Südzipfel unserer Route abkürzen und erwies sich als super befahrbare feste Sand/Lehm-Straße. Landschaftlich war der Pass wieder sehr lohnenswert – auch wenn es regnete. Unterwegs scheuchten wir unbeabsichtigt noch eine Hand voll Schafe auf, die ganze 400m im stolzen Tempo von 20km/h vor uns hertrabten.

 

 

An dieser Stelle sei einmal dem Stand der (Bekleidungs-) Technik gehuldigt. Es gibt in meinen Augen inzwischen kein wirklich schlechtes Wetter mehr – nur unpassende Kleidung. Wenn man mit

  • vernünftiger (Thermo-) Unterbekleidung,
  • Trikot,
  • Fleece,
  • Regenjacke (bei mir The North Face, HyVent-Membran),
  • wasserdichten Handschuhen (bei mir Roeckl, GoreTex-Membran),
  • Kopfbedeckung (etwas Buff-artiges, neben dem Helm natürlich)
  • warmer langer Radhose (ok – bei mir nur Tchibo-Laufhose mit langer Unterhose und kurzer Radhose; dafür hatte ich auch kalte Knie) und
  • regendichten Überschuhen (die verdammt wichtig waren, weil die Füße seit der morgendlichen Moorwanderung noch nass und dadurch kalt waren; die beste Entscheidung, diese Überzieher vor der Tour noch zu kaufen!!!)

ausgerüstet ist, dann ist auch Regenwetter bei der Landschaft schön! Schließlich fühlt man sich mollig warm. Schade um den Tag, wenn man bei schlechtem Wetter daheim hockt und nichts unternimmt…
Auf knapp 900 Metern Höhe war es trotz bedecktem Himmel und Regen noch bis 21:45 Uhr “hell”. Dann mussten wir unserer Gesundheit und Technik zu liebe für die Abfahrt vom Pass Licht einschalten, um den Schlaglöchern zu entgehen.

Dem Pass folgte eine zu der Uhrzeit kaum befahrene Straße, die uns im ersten Augenblick sehr sympathisch war, weil es knapp 50 Kilometer weiter leicht bergab ging. Das böse Erwachen kam auf den letzten 30 Kilometern. Hier waren noch einmal 700 Höhenmeter zu absolvieren, die es in sich hatten! Erstaunlicherweise hielten die Akkus der Lampen – meine insgesamt 5 1/2 Stunden in meiner Sigma Halogenlampe. Erst an der Hütte ging die Ladungskontrollleuchte an. Aber an der Hütte waren wir nach dem Anstieg noch nicht. Erst einmal ging es wieder 300 Höhenmeter in rasantem Tempo hinunter. Dann wurde noch die hügelige Strecke entlang eines Sees genommen und schließlich wartete da noch ein Kilometer Fußweg auf uns. Und das bei schwarzer Nacht. Und Regen. Wieder ging es durch Gebüsch, Wald und Moor. Dank GPS und glücklicher Wahl des Weges fanden wir zwar nicht den Trampelpfad zur Hütte, aber immerhin ohne große Komplikationen zum Ziel. Dabei hatte der Weg es in sich. Es waren zwei Flüsse zu überqueren. Für den ersten fanden wir eine Stelle, wo ein großer Schritt genügte, für den zweiten gibt es nirgendwo eine solche Stelle. Dafür fanden wir recht schnell eine Furt, wo das Wasser nur bis zur Wade reichte. Danach waren es noch 20 Meter bis zur schnuckeligen Hütte. Für den Tag waren es insgesamt 220 gefahrene oder 300 gefühlte Kilometer mit über 3000 Höhenmetern gewesen. Die Uhr zeigte inzwischen 4 Uhr morgens an.
Die Hütte liegt quasi, wie wir von der Karte her wussten und am nächsten Tag auch sahen, auf einer Insel, da die sie umgebenden Flüsse aus den Bergen kommen und sich auf der südlichen Seite treffen. Das hat was! Die Hütte mit 5 Schlafplätzen ist recht klein und sehr gemütlich. Der Ofen war zum Glück schnell heiß. Wir begnügten uns mit Schokolade, Nüssen und Keksen, bevor um 5 Uhr die Lichter ausgingen – zumindest bei uns in der Hütte… Am nächsten Morgen sollte es die Nudeln geben. Nachdem ich nachts noch einmal Holz nachgelegt hatte, ließ sich das Feuer nach dem Aufstehen um 10 Uhr leicht entfachen. Die Tomatensauce köchelte auf ihm – wieder ohne weitere Zuneigung zu fordern. Die Nudeln gab es “frisch” vom Hüttenkocher.

Bemerkenswert ist, dass wir an dem Morgen die erste richtig gut schmeckende Tomatensauce entdeckt haben. Al forno heißt sie und wird sicher zukünftig bei mehreren Ausflügen zum Einsatz kommen. Nachdem wir abgewaschen, gepackt, Hütte auf Vordermann gebracht und etwas Holz für die nächsten Hüttenbewohner gesägt hatten, ging es gegen 12:30 Uhr auf die letzte Etappe. Den Fluss durchquerten wir barfuß bzw. in Badelatschen und hatten so nach dem Moor noch fast trockene Füße.

 

 

Die ersten 15 Kilometer gingen leicht vom Fuß – immer bergab. Danach ließen sich ein paar Höhenmeter nicht vermeiden. Aus Zeitgründen cancelten wir den Besuch auf der Studentenhytta, wo es Mittag und Kuchen geben soll – leider eben nur bis 17 Uhr. Nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht – es regnete auch am Sonntag immer mal wieder.

 

 

 

Reichlich eingesaut kamen wir dann um 18:00 Uhr in Moholt / Steinan an. Mein Mountainbike durfte im Zimmer auf Zeitungen abtropfen, da der Freilauf während der Tour scheinbar etwas Wasser gezogen hatte. Überhaupt hat das gute Rad sehr gelitten. Ich musste jeden Tag die Kette ölen, die vom Regen ausgespült worden war und reichlich Sand gefressen hatte. Aber genau für diese Einsatzbedingungen wurde das MTB schließlich angeschafft. Verbunden damit, es mit nach Norwegen zu nehmen, war das eine meiner besseren Ideen…

Also – Mensch und Technik geht es gut. Kai doktort nur an einer kleinen Erkältung herum. Sonst ist alles paletti. Die nächste Hüttentour wird vermutlich etwas ruhiger angegangen – schließlich sind die Mädels schon wieder heiß auf Hütten…

PS: Die Bilder kommen wieder alle aus einer Knipskiste. Es wird sehr spannend, wenn die Filme der Spiegelreflexkamera entwickelt werden…

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