Hüttentouren IX – Selbukåten & Heinsfjordstua

– Nass, nasser, am nassesten & urig, uriger, am urigsten –

Nun folgt endlich der versprochene Nachtrag zum vorletzten Wochenende!

Es war wieder einmal Hüttenzeit. Der Anlass für die Tour war das Dugnadsfest, welches für alle Helfer der Dugnads als Dankeschön jedes Jahr organisiert wird. Dieses Fest sollte auf der Heinsfjordstua stattfinden, die nur mit PKW oder per Rad vernünftig erreicht werden kann. Nach einer Radtour war uns nicht – so sehr weit wäre es schließlich nicht gewesen. Also schlugen Kai und ich sofort auf Daniels Idee ein, eine Doppelhüttentour mit Zwischenwanderung zu unternehmen. Für Freitag war geplant, zunächst mit dem Bus in Richtung Tydal zu fahren. Ich war pünktlich am Samfundet zum Umsteigen vom Stadtbus in den Überlandbus, nur Kai fehlte. Er war von einem überfüllten Bus nicht mitgenommen worden und der nächste hatte so stark Verspätung, dass er zwei Minuten zu spät kam. Glücklicherweise ließ sich der Busfahrer überreden, die wieder einmal endlos erscheinenden 120 Sekunden noch zu warten. Es fiel ihm angesichts des starken Verkehrs aber sichtlich schwer, sich dazu zu überwinden, die Busspur für uns weiter zu blockieren. Mit dem Bus direkt vor der Haustür loszufahren lohnt sich übrigens komischerweise. Natürlich spart man etwas Zeit. Viel kurioser ist aber, dass man nicht nur den Betrag, welchen man für den Stadtbus zahlt (22 NOK) beim Überlandticket erlassen bekommt, sondern gleich 27 NOK spart. Das verstehe, wer will…

Mit leicht erhöhtem Puls konnten wir die Tour schließlich immerhin wie geplant starten. Unterwegs stieg dann noch Daniel zu, der von Verdal einen Bus genommen hatte. Als wir am Ausgangspunkt der Wanderung zur Selbukåten den Bus verließen, war es stockduster. Überhaupt ist seit der Zeitumstellung hier ab um fünf abends Nacht (inzwischen sogar vor halb fünf). Von der (noch!) zusätzlichen Helligkeit morgens zwischen 7:45 und 8:15 Uhr hat man als Student ja wenig, da man sich höchstens auf dem Weg zur Uni oder beim Frühstück befindet…

Wir begannen die Wanderung bei 10cm Schnee. Der Weg war anfänglich sehr angenehm, da er auf einem breiten Waldweg entlangführte. Jedoch ließ das erste Moor nicht lange auf sich warten. Nichts gegen das Moor! Gerade bei Neuschnee tritt man meist nicht direkt ins Nasse. Erst, wenn man das jeweilige Bein schon wieder weggehoben hat, verwandelt sich der verpresste Schnee langsam in Matsch. Aber: Bei Schnee sieht man schlecht die Löcher und tiefen Stellen im Moor, so dass man Gefahr läuft, sich richtig einzusauen… dazu später mehr… 🙁

Unterwegs haben wir noch ein wenig unsere Lampen getestet. Zwei Fenix im Einsatz sind schon erstklassig. Da hat Daniels (drei Jahre junge?) Lupine leider alt ausgesehen. Genauer gesagt, sorgten wir hinter ihm laufend für starke Schatten in seinem eigenen Lichtkegel… Wir hätten dies sicher umgehen können, indem wir einfach die Leistung unserer kleinen Taschenlampen gedrosselt hätten, aber wenn man schon ausreichend Akkus dabei hat, darf man auch künstliche Sterne schaffen…

Ein Highlight darf ich an dieser Stelle nicht verschweigen: Wir haben auf der Wanderung einen 180°-Knick gemacht, ohne es zu merken. Daniel hatte eine Karte dabei, so dass die GPS-Geräte als Backup in den Taschen verschwanden. 80 Meter vor der Hütte überquerten wir einen Fluss und hielten uns anschließend rechts. Wir liefen um eine Baumgruppe herum und parallel zu einem Bach… Es war der Bach, den wir zuvor auf der anderen Seite hochgestiefelt waren. Irgendwann fiel Daniel mit Blick auf die Karte dann auf, dass das Wasser in die falsche Richtung floss… Also liefen wir wieder zurück und fanden 80 Meter vom Scheitel unseres Knickes die Hütte. Der einfache Grund für den ungewollten Abstecher war, dass wir den Fluss zu früh gequert hatten und daher am falschen Bach entlanggestapft waren. Es war schon sehr verblüffend, wie schnell man sich verlaufen kann, wenn man durch Nebel nicht viel sieht und keinen Kompass nutzt…

Der Abend auf der Hütte war super gemütlich! Die Hütte rangiert inzwischen ganz oben unter meinen Favoriten. Es ist eine aus teilweise recht krummen Baumstämmen selbst gebaute Koie. Sie beweist, dass man für bestimmte Konstruktionen eben nicht nur gerade wachsende Hölzer gebrauchen kann. In ihr finden zwei Personen komfortabel und bis zu vier sehr kuschelig Platz. Wir drei hatten es jedenfalls sehr gemütlich.

 

 

 

 

 

 

Der nächste Morgen begann mit einem Wecker um halb sieben. Nachdem wir uns irgendwann von den kuscheligen Liegeplätzen losgerissen und etwas zwischen die Kiemen geschoben hatten, begannen wir auch mit dem Vorhaben, was uns so zeitig hatte aufstehen lassen. Wir machten, ihr ahnt es, Holz. Dafür hatte ich von der Koiegruppe eine neue Säge und Axt mitgebracht. Diesmal war also nichts mit “gemütlich” Kettensägenkette durchs Holz gleiten lassen. Diesmal wurde mit der Säge gefällt. Da es seit der Nacht taute und die ganze Zeit regnete, beließen wir es bei 10-12 kleinen Bäumen, zersägten und spalteten noch einige ältere Stämme für den Hüttenvorrat und machten uns langsam auf den Weg zum Dugnadfest.

 

 

 

Schon beim Holz machen war uns bewusst geworden, dass dieser Tag wieder furchtbar nass und keine trockene Stellen am Fuß lassen würde. Aber was kann nicht alles Spaß machen, wenn man mit den richtigen Leuten unterwegs ist… Die im Sommer knapp über 4 Stunden dauernde Wanderung quer durch die Pampa zur Heinsfjordstua ließ uns bei den in letzter Zeit scheinbar typisch samstäglichen Wetterbedingungen viel Zeit für ausgedehnte Gespräche. Ich kann nur sagen – wir nutzen die Stunden, um die in Anwesenheit der Damenwelt von dieser zu Tabuthemen erklärten Gebiete ausgiebig zu beleuchten. 😉 Lange haben meine Schuhe auf der Wanderung über einfach nur fließende Wiesen und reißende Bäche durchgehalten. Nur verdeckte der Schnee an einer entscheidenden Stelle ein Modderloch, in dem ich prompt mit dem linken Fuß bis zur Wade drinsteckte. Da ich keine Gamaschen besitze, musste ich danach erst einmal den Dreck sehr sorgfältig von der Stiefelkante sezieren. Die äußere Socke, welche stark verfärbt war und drohte, die Fremdpartikel in den Schuh zu befördern, musste vom Fuß und mit reichlich Schnee konnte ich verhindern, dass ich zukünftig schon beim Ansehen der Wanderstiefel dreckig werde. Wer bei den Bedingungen öfter wandern geht, möge sich Manschetten kaufen. Zu empfehlen sind die von Bergans…

 

 

 

Auf zwei Dritteln der Strecke (eigentlich wollten wir zu dem Zeitpunkt schon auf Heinsfjordstua am Feuer sitzen) machten wir noch Halt in einer ehemaligen NTNUIKoie, die höchstens sehr sporadisch genutzt wird. Daniel meinte, bis auf den in einem Bett befindlichen Schlafsack hätte sich in der Hütte in den letzten zwei Jahren nichts verändert. Von der Koie aus sollte nun ein Weg beginnen, mit dem wir schnell das Ziel erreichen wollten. Aber: In den Karten sind bei normalen Bedingungen winzig erscheinende Bächlein eingezeichnet. Diese kann man dann bei Wetter wie an jenem Samstag dann gerade noch überwinden (einem Bach mussten wir so weit Richtung Quelle folgen, bis er sich in gerade so überspringbare gleichgroße Verzweigungen teilte). Nur der Bach, der eigentlich Weg sein sollte, der war nicht eingezeichnet… Nach vielen Seitenwechseln (jeder Fußballtrainer wäre stolz gewesen!) erreichten wir irgendwann schließlich eine Gegend ohne geschlossene Wasserflächen in Laufrichtung. Für die Wanderung fehlte aber natürlich noch die Herausforderung. Eine sollte das Warmlaufen der halb tauben Füße werden. Die drängendere war aber die Überquerung eines Flusses mit beängstigender Strömungsgeschwindigkeit auf drei schneebedeckten, wahnsinnig glitschigen Baumstämmen. Ich gebe zu, ich hatte schon diverse Notfallpläne ersonnen, als ich irgendwann als Letzter mit sportlichem Puls das andere Ufer erreichte…

 

 

 

Nachdem wir nun auch unseren ungewollten Höhepunkt bekommen hatten, ging es mit Siebenmeilenstiefeln dem Ziel entgegen. Dort waren bis auf die drei Helfer, die das Essen vorbereiteten und die Hütte dekoriert hatten alle schon gut bei der Sache. Wir wurden nur verwirrt angeschaut, als wir zu ihnen einen Blick ins Lavo (ein Indianerzelt) warfen. Zunächst bauten wir, wie es die meisten Norweger schon getan hatten, unsere Zelte auf. Die Heinsfjordstua ist mit 15 Schlaf- und rund 30 Sitzplätzen zwar groß, aber es würde schon arg stickig darin, wenn sich alle dort einquartieren wollten. Friederike meinte, sie hätten den halben Samstag benötigt, die Hütte warm zu bekommen. Der abgeteilte Schlafraum besitzt übrigens einen zweiten Ofen. Nachdem wir unsere Sachen zum Trocknen aufgehängt hatten gab es auch schon Abendbrot. Auf einen sehr leckeren und dekorativen Salat folgten Kartoffeln mit Mais, gebratenem Speck und Rømme sowie als Abschluss ein Dessert, dessen Namen Friederike dann ergänzen muss.

 

 

Den Abend wurde viel erzählt und wir genossen nach der Wanderung noch die Sauna. Leider war man zwischen den Saunagängen trotz Plusgraden auf dem Weg zum See schon so ausgekühlt, dass man sich gerade noch überwinden konnte, kurz hineinzuhüpfen. Nach dem sehr lustigen Abend sollten am Sonntag eigentlich noch Bäume gefällt werden. So eine Sauna benötigt eben einiges an Holz. Allerdings war die Motorsäge stumpf und eine Feile fehlte. Für einen hat es trotzdem noch gereicht.

 

 

 

 

Ungewöhnlich früh für eine Hüttentour wurde das Wochenende dann beendet, so dass ich den Nachmittag sogar noch der Studienarbeit widmen “durfte”…

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